Erste museale Retrospektive Oppenheims außerhalb der Schweiz ab morgen, Donnerstag, bis März bis 14. Juli 2013 im Wiener Bank Austria Kunstforum zu sehen.
Bilder zur Meldung unter http://presse.leisuregroup.at/kunstforum/oppenheim
Wien (LCG) – Meret Oppenheim (1913-1985) zählt zu den bedeutendsten und eigenwilligsten Künstlerinnen des 20. Jahrhunderts. Anlässlich ihres 100. Geburtstags präsentiert das Bank Austria Kunstforum die erste museale Retrospektive dieser Schweizer Künstlerin in Österreich, die im Anschluss im Martin-Gropius-Bau in Berlin zu sehen sein wird. Mit 200 Leihgaben aus verschiedensten europäischen Museen und Privatsammlungen bietet die Ausstellung die Gelegenheit, das gesamte künstlerische Spektrum des mehr als fünf Jahrzehnte umfassenden Schaffens kennenzulernen, das in seiner Unabhängigkeit und Vielgestaltigkeit bis heute wegweisend ist. Die Retrospektive soll dazu beitragen, Meret Oppenheims einseitige Rezeption als „Muse“ der Surrealisten sowie als Schöpferin der legendären Pelztasse (1936) zu überwinden, die bis heute den Blick auf ihr vielseitiges Gesamtwerk verstellt. Oppenheims künstlerische Position, die den Bogen zwischen Moderne und Postmoderne spannt, erweist sich dabei als souverän eigenständig.
Die künstlerischen Anfänge Meret Oppenheims liegen in Paris, wo sie fünf Jahre lang im Kreis der Surrealisten rund um André Breton verkehrt. Dort trifft die Zwanzigjährige mit ihrer rebellischen, freiheitliebenden Haltung auf Gleichgesinnte. Die Erweiterung der Wirklichkeit um Dimensionen des Spielerischen, des Traumhaften und Unbewussten, die Überwindung gewohnter Erfahrungshorizonte sowie künstlerische Strategien von Entfremdung, Kombinatorik und Metamorphose verbinden das Werk der Autodidaktin mit ihren Künstlerfreunden Alberto Giacometti, Max Ernst, Francis Picabia, Leonor Fini, Toyen oder Man Ray. Insbesondere die surrealistische Objektkunst mit der Zweckentfremdung und Neuzusammenstellung von Alltagsgegenständen bildet für sie das geeignete Terrain, um das „Wunderbare im Alltäglichen“ zu entdecken. Auch nach ihrer Abkehr von der surrealistischen Bewegung, deren Dogmatik sie sich nicht unterordnen will, sind es Mythen, Spiele und Träume, die Meret Oppenheim als Ausgangspunkt dienen ebenso wie literarische Vorlagen und die Schriften C. G. Jungs. Bei aller Heterogenität ziehen sich bestimmte Bildthemen wie rote Fäden durch ihr Werk: Die Verwandlung zwischen Männlichem und Weiblichem, Natur und Kultur, Traum und Wirklichkeit, dem Ich und dem Anderen. Ebenso befasst sie sich mit den Wandlungsprozessen der Natur, dem Kreislauf von Leben und Tod und der zeitlichen und kosmischen Eingebundenheit des Menschen. Dabei betont sie immer wieder die imaginative Kraft von Kunst: „Die Künstler träumen für die Gesellschaft“.
Gegen alle Regeln des Kunstmarkts verweigert sich Meret Oppenheim einem homogenen „signature style“ zugunsten einer Experimentierfreudigkeit, mit der sie sich über die Grenzen eines Stils oder einer linearen Entwicklung hinwegsetzt. Jegliche Vereinnahmung oder Festlegung auf eine künstlerische Ausdrucksform empfindet sie als Reduzierung. Veristisch-surreale Darstellungen stehen neben geometrischen Abstraktionen, intuitiv hingeworfene Zeichnungen existieren gleichberechtigt neben konzeptuellen fotografischen Arbeiten oder großformatigen, durchformulierten Gemälden, humorvolle Materialcollagen, makabre Designentwürfe und karnevaleske Masken neben pointierten Haiku-artigen Gedichten: „Jeder Einfall wird geboren mit seiner Form. Man weiß nicht, woher die Einfälle einfallen: sie bringen ihre Form mit sich, so wie Athene behelmt und gepanzert dem Haupt des Zeus entsprungen ist, kommen die Ideen mit ihrem Kleid.“ (Meret Oppenheim) Die zart-poetische Formensprache kippt oftmals auch ins Spröde – Oppenheim bürstet ihre Kunst bewusst „gegen den Strich“. Ihre formale wie inhaltliche Variationsbreite und ihre Lust an der Demontage von Wahrnehmungsgewohnheiten widersetzen sich jeder herkömmlichen kunsthistorischen Kategorisierung – eine Qualität, die erst mit den künstlerischen Veränderungen ab den späten 1960er-Jahren geschätzt werden konnte.
Der künstlerischen Verfahrensweise Oppenheims folgend, die bestimmte Topoi über lange Zeiträume hinweg immer wieder neu aufgreift, vertieft und weiterverarbeitet, legt die Schau einen Parcours thematischer Verdichtungen quer durch die Schaffensperioden der Künstlerin: Verschlüsselte Selbstdarstellungen, Erotische Objekte, Darstellungen des Unsichtbaren, Dialog mit der Natur, Traumszenen und Mythen, Spiel als künstlerische Strategie, das Verhältnis von Bild und Text, Metamorphosen und Fabelwesen. Eine vernetzte Werkpräsentation vermittelt, wie wichtig das assoziative Zusammenspiel der verschiedenen Medien bei Oppenheim ist. Oppenheims Surrealismus eigener Prägung, ihre „Vielsprachigkeit“, permanente Neuorientierung wie auch ihr transdisziplinärer Ansatz nehmen Strategien der zeitgenössischen Kunst vorweg.
Sich mit Meret Oppenheim auseinanderzusetzen bedeutet auch, einer faszinierenden charismatischen Persönlichkeit gegenüberzutreten. Ihre beeindruckende Erscheinung und ihr extravagantes Auftreten, die zuweilen die Beschäftigung mit ihrem Werk dominierte, wird in der Ausstellung durch Künstlerfotografien vor Augen geführt, die von den frühen Aktfotografien Man Rays bis zu den würdevollen Porträts von Nanda Lanfranco kurz vor ihrem Tod im Jahr 1985 reichen. Oppenheims kompromisslos gelebte gesellschaftskritische und emanzipatorische Haltung machten sie zu einer zentralen feministischen Identifikationsfigur und zum Vorbild für Generationen nachfolgender Künstlerinnen und Künstler. „Die Freiheit wird einem nicht gegeben, man muss sie sich nehmen«“, lautete ihr Credo und ihr Vermächtnis. Doch es wäre nicht Meret Oppenheim, hätte sie der feministischen Diskussion nicht eine eigene Ausrichtung gegeben: Gegen ihre feministische Vereinnahmung als „weibliche“ Künstlerin wehrte sich Oppenheim mit der für sie grundlegenden „Androgynität des Geistes“, der Überzeugung einer sowohl männliche wie auch weibliche Anteile umfassenden Kreativität, zu der sie über die Auseinandersetzung mit C. G. Jung gelangte und in der sie den Schlüssel für die durch den Geschlechterkampf aus dem Gleichgewicht geratenen Gesellschaft sah: „Kunst hat keine Geschlechtsmerkmale. Es gibt nur ein Einmaleins (...) Große Kunst ist immer männlich-weiblich.“
~ Ausstellung: Meret Oppenheim Datum: 21. März bis 14. Juli 2013 Ort: Bank Austria Kunstforum Adresse: 1010 Wien, Freyung 8 Website: http://www.bankaustria-kunstforum.at Facebook: http://www.facebook.com/kunstforumwien Lageplan: http://g.co/maps/k9ffd ~
Das Bildmaterial steht zum honorarfreien Abdruck bei redaktioneller Verwendung zur Verfügung. Weiteres Bild- und Informationsmaterial im Pressebereich unserer Website unter http://www.leisure.at zur Verfügung. (Schluss)
LCG13057, 2013-03-20