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Technology Impact Summit: Kritische Diskussion mit nachhaltigem Impact – BILD

ID: LCG24376 | 10.10.2024 | Kunde: Technology Impact Summit | Ressort: Wissenschaft Österreich | Medieninformation

Technology Impact Summit: Fanny Stapf (ORF), Markus Fallenböck (Universität Graz), Julia Shaw (University College London) © Christian Mikes

Auf Einladung von Universität Graz, Technische Universität Graz, JOANNEUM RESEARCH und FH JOANNEUM diskutieren renommierte Wissenschaftler bei der Premiere des Technology Impact Summit die Auswirkungen der Künstlichen Intelligenz auf Wirtschaft, Wissenschaft, Gesellschaft und Demokratie. Ethischer und philosophischer Diskurs verstärken Ruf nach Regulierung.

Bilder zur Meldung in der Mediendatenbank: © Christian Mikes

Graz (LCG) – Bei der Premiere des Technology Impact Summit in der Grazer Seifenfabrik treffen am Donnerstag Wissenschaft und Wirtschaft aufeinander. Internationale Experten widmen sich unter der Moderation von Fanny Stapf (ORF) philosophischen, ethischen und gesellschaftlichen Fragestellungen, während führende Unternehmen einen Blick hinter die Kulissen ihrer Digitalisierungsstrategie gewähren. Julia Shaw (University College London) widmet sich in ihrer Keynote dem „Tanz des Gehirns mit der Künstlichen Intelligenz“.

KI ist Magie

„Erinnerungen sind modifizierbar“, hält Shaw fest. Das System Gehirn ist dafür programmiert, sich gut, aber nicht perfekt zu erinnern. Ähnlich verhält es sich auch mit Künstlicher Intelligenz. Sie stuft soziale Medien als passiv ein, da nur sehr wenige Menschen Content kreieren. Künstliche Intelligenz hingegen ist durch den direkten Dialog aktiv. „Menschen können nicht nur ihren Wissensdurst stillen, sondern auch dumme Fragen und sich dabei wohlfühlen“, so die Wissenschaftlerin.

Das Kurzzeitgedächtnis ist mit nur 30 Sekunden definiert. Multisensorische Erinnerungen sind eine physische Struktur im Gehirn. Das Gehirn sei nicht da, um die Realität zu speichern, sondern uns Geschichten zu erzählen, die uns dabei helfen, Probleme zu lösen – genauso wie Künstliche Intelligenz, erklärt die Bestseller-Autorin.

„Menschen sind ganz oft Erinnerungsdiebe“, so Shaw. Sie eignen sich Erzählungen anderer an und machen sie zur eigenen Erinnerung. Falsche Erinnerungen an Dinge, die nie passiert sind, sind echte Assoziationen, die durchschnittlich aus 150 Details bestehen. Durch einen Prozess der Manipulation konnte sie Menschen beispielsweise davon überzeugen, dass sie Straftaten begangen hätten. Problematische Befragungsmethoden der Polizei können die Qualität von Zeugenaussagen kontaminieren, da falsche Erinnerungen als solche nicht entlarvt werden können. Ebenso wenig lassen sich Lügner erkennen.

„Das Beste, was Künstliche Intelligenz derzeit kann, ist fiktionale Geschichten zu erzählen“, analysiert die Forscherin die hohe Fehlerquote der Ergebnisse. Auch darin erkennt sie eine Parallele zu Menschen, die im normalen Gespräch ebenfalls selbstsicher falsche Inhalte verbreiten.

„Wir sind die Kuratoren unserer Realität, weil Erinnerungen Geschichten sind. Die Frage ist nur, wie falsch autobiografische Erinnerungen sind“, hält die Wissenschaftlerin fest. Geschichten werden schließlich besser, je öfter man sie erzählt. Jeder entscheidet selbst, wie er seine Leben und seine Realität sehen möchte, wodurch bestimmte Erinnerungen immer wieder verstärkt werden. Der Mensch ist, was er zu sein vorgibt. Erinnerungen sind sozial und wollen geteilt werden.

Die Manipulation durch Künstliche Intelligenz werde der Forscherin zufolge die Erinnerungen der Menschen verändern. Sie werde aber auch dazu beitragen, Beweise festzuhalten.

Mit ihrem Start-up Spot hat sie eine Künstliche Intelligenz programmiert, die auf dem seit Jahrzehnten erprobten kognitiven Interview basiert. Damit verbindet sie Sozialwissenschaften mit Technologie.

Veränderungen in der Arbeitswelt: Nur bedingter Impact der Künstlichen Intelligenz

Harald Leitenmüller (Microsoft) und Stefan Thalmann (Universität Graz) diskutieren mit Nicholas Katz (JOANNEUM RESEARCH) über die Auswirkungen der Künstlichen Intelligenz auf den Arbeitsmarkt und gehen der Frage nach der technologischen Arbeitslosigkeit nach. Die bisherige Betrachtung der Arbeit drehte sich primär um Raum und Ort. Erst durch die Pandemie kam es zu einem Umdenken und Asynchronität setzte sich durch. Bisher war der Mensch am Arbeitsplatz das einzige intelligente Wesen. Die neue Dimension der Intelligenz muss in der Arbeitswelt erst verortet werden, damit sich Mensch und Maschine optimal ergänzen. Leitenmüller spricht von einer enormen Erwartungshaltung an Künstliche Intelligenz, wobei der breiten Masse nicht bewusst ist, wie oft sie bereits in diversen Anwendungen damit konfrontiert ist. Kurzfristig werden sich demografische Entwicklungen durch den Einsatz Künstlicher Intelligenz kompensieren lassen, während man sich langfristig mit der Gestaltung der Arbeitswelt beschäftigen muss. Schon heute sind 68 Prozent der Beschäftigten durch administrative Tätigkeiten überlastet. Die Delegation dieser Aufgaben an Künstliche Intelligenz steigert die Motivation der Mitarbeiter und steigert die Attraktivität der Arbeitgeber.

„Bisher musste der Mensch sich mit Programmiersprachen Mühe geben, vom Computer verstanden werden. Durch Künstliche Intelligenz lernt die Maschine den Menschen zu verstehen“, fasst Leitenmüller die Entwicklung zusammen.

„Im Bereich der White Collar Work kann Künstliche Intelligenz helfen. Blue Collar Jobs sind schwieriger zu ersetzen, weil die Robotik noch nicht so weit ist. Der Fachkräftemangel wird auch künftig eine Herausforderung bleiben“, meint Thalmann.

Eine Frage der Ethik: Die technologische Spaltung der Gesellschaft

Unter der Moderation von Birgit Phillips (FH JOANNEUM) beleuchten Sonja Schmer-Galunder (University of Florida) und Markus Kneer (Universität Graz) die ethischen Aspekte der Künstlichen Intelligenz und hinterfragen, ob es ausreichend inklusive und konstruktive Zugänge zur Technologie gibt. Schmer-Galunder ist der Auffassung, dass Intelligenz per se die Gesellschaft spaltet und Künstliche Intelligenz diesen Effekt verstärkt und jenen Macht gibt, die die Algorithmen kennen und kontrollieren. Sie definiert eine wechselseitige Beeinflussung von Gesellschaft und Technologie, wodurch Regierungen eine hohe Bedeutung zukommt, um Rahmenbedingungen zu schaffen, die eine faire, gerechte und konstruktive Gesellschaft ermöglichen. Kneer hingegen meint, dass wir der Künstlichen Intelligenz zu leichten und zu wenig regulierten Zugang zum Menschen verschaffen und Algorithmen – unter anderem auf sozialen Medien – die User manipulieren. Sie sprechen niedere Instinkte wie Streitsucht, Eitelkeit und Gier an. Als drastisches Beispiel für die Manipulation der Gesellschaft durch „Dampfplauderer im Silicon Valley“ nennt Kneer den Sturm auf das Kapitol bei der Abwahl von Donald Trump. Schmer-Galunder sieht den „Terminator ex machina“ zwar nicht vor der Türe, erkennt aber die drohende Gefahr von kumulierten Risiken, die fundamentalen Schaden anrichten können. Sie fordert daher Safe AI und die Implementierung von Standards, um die Verwendung der Technologie sicher zu machen. Die Notwendigkeit dafür ist groß: Derzeit kommt auf 1.000 Ingenieure bei Open AI nur eine Person, die für Sicherheit und Ethik verantwortlich ist.

„Wir stecken bis zum Hals in einer Mis- und Desinformationskrise. Die Gesellschaft ist gespalten, wie nie und das Internet macht durch die kuratorischen Algorithmen eigentlich keinen Spaß mehr. Es kommt noch schlimmer: Die neue Künstliche Intelligenz selektiert nicht nur Inhalte, sondern erstellt sie auch ohne moralisches Gewissen oder Mut zur Wahrheit. Der demokratische Diskurs steht in Gefahr. Der Zugang der Künstlichen Intelligenz macht uns manipulierbar und schwächt das demokratische System“, verdeutlicht Kneer.

„Die Werte der Künstlichen Intelligenz sind Daten aus der Vergangenheit. Dadurch wird sie zur Ungerechtigkeit erzogen und ‚lebt‘ nicht im Hier und Jetzt und der Realität der Gesellschaft. Wir brauchen kleinere, regionale und präzisere Modelle mit hoch qualitativen Datensätzen, die näher an der Realität sind“, sagt Schmer-Galunder.

Künstliche Intelligenz in Österreichs Wirtschaft: Unternehmen lassen hinter die digitale Kulisse blicken

Andreas Geyrecker (LexisNexis) sieht in der Komplexität und Dynamik der juristischen Domäne Herausforderungen, bei denen herkömmliche Sprachmodelle an ihre Grenzen geraten. Mit Lexis+ AI steht in Kürze auch in Österreich ein Tool für juristische Anwendungsfälle zur Verfügung, das sowohl Rechtsfragen beantwortet als auch erste Textentwürfe generiert und Entscheidungen zusammenfasst. Zusätzlich analysiert es eigene Daten. Das gesamte System basiert auf verlässlichen und geprüften Daten und weist Quellen transparent aus. Für das Projekt hat sich LexisNexis Grundsätze verordnet, um rigorose Standards für Privacy, Datenschutz, Transparenz und Sicherheit zu garantieren. Durch die Zusammenarbeit mit renommierten Universitäten wie Stanford möchte das Unternehmen globale Benchmarks setzen.

Dass Künstliche Intelligenz nicht nur sehr viel Energie verbraucht, sondern auch einen Beitrag zur Nachhaltigkeit leistet, führen Marlene Hanschitz-Halikias (Grant Thornton) und Antonella Cvrtak (nista.io) aus. Im Bereich der Nachhaltigkeitsberichterstattung sind bis zu 1.200 Datenpunkte zu berücksichtigen und sie ist regulatorisch mit der Finanzberichterstattung gleichgestellt. Entsprechend hoch sind die Ansprüche an Tools, Systeme und Daten. Durch Sustainability Data Management entstehen wertvolle Daten, die gewinnbringend genutzt werden können, um beispielsweise den Energiebedarf zu reduzieren. Die Lösung von nista.io analysiert die Daten aus der Nachhaltigkeitsberichterstattung, interpretiert diese und liefert konkrete Vorschläge. Beispielsweise werden vorhandene Daten des Stromlieferanten mit spezifischen Informationen des Kunden verknüpft, wodurch Verbrauchsprozesse gezielt optimiert werden können.

Die Kanzlei Schiefer Rechtsanwälte spezialisiert sich auf das Vergaberecht und optimiert öffentliche Beschaffungen bei steigender Komplexität und wachsenden rechtlichen Anforderungen durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz. Anbieter können dadurch bessere Angebote erstellen, weil Formalmängel automatisch erkannt werden. Der Auftraggeber profitiert von der Auswertung historischer Daten, während Pitch-Teilnehmer Marktpreise, potenzielle Wettbewerber und Strategien identifizieren können. Zeitgleich kann die Künstliche Intelligenz Risiken anhand von Bonität, Referenzen und früheren Leistungen ausweisen. Ein integrierter Chatbot vereinfacht den Informationsfluss. Letztlich soll der gesamte Prozess vollkommen automatisiert und digitalisiert werden, wie Jurist Stefan Tauber ausführt.

Über zehn Millionen User in Zentral- und Osteuropa machen die George-App der Erste Group zu einer der erfolgreichsten Banking-Apps. Im Kern der Funktionalitäten steht die Vereinfachung der Finanzgeschäfte und die intuitive Nutzung. Klemens Müller ist überzeugt, dass Fragen der Kunden der beste Weg sind, um ihre Bedürfnisse zu erkennen und individuelle Lösungen für sie zu entwickeln. Conversational Banking erlaubt einen sinnstiftenden Dialog zwischen Finanzinstitut und Kunde, in dem das persönliche finanzielle Leben des Kunden berücksichtigt wird. Das wesentliche Kriterium ist absolute Zuverlässigkeit, um das Vertrauen der Kunden auch im digitalen Prozess zu erhalten. Dafür werden mehrere AI-Modelle gleichzeitig genutzt, um Schwächen auszugleichen. Erste Erfahrungen mit der Künstlichen Intelligenz in der führenden Banking-App in Tschechien sind für die Erste Group sehr positiv. Bereits nächstes Jahr wird die Weiterentwicklung von George auch in Österreich ausgerollt.

Mit Aileen Health revolutioniert Anna Tidstam die frühzeitige Tumorerkennung in der Brustkrebsforschung. Die Vorzeichen von Krebs sind zwei bis fünf Jahre im Voraus erkennbar. Jede Mammographie ist ein Video Frame, aus dem sich mittels Künstlicher Intelligenz eine Prognose erstellen und die Krebsart erkennen lässt. Im Idealfall kann ein Teil der nicht notwendigen Biopsien vermieden werden. In den Vereinigten Staaten würde sich dadurch ein Einsparungspotenzial von 3,4 Milliarden Euro ergeben. Die Künstliche Intelligenz greift auf anonymisierte Daten aus Schweden zu, die von einer schwedischen Universität als Open Source zur Verfügung gestellt werden.

Mit der Digital Factory unterstützt Price Waterhouse Coopers Unternehmen bei der digitalen Transformation. Ahmad Haj Mosa ist davon überzeugt, dass die Identifikation potenzieller Kunden in Echtzeit im Marketing entscheidend sein wird, um sie mit individuellen Botschaften anzusprechen. Bestehende Vertriebssysteme greifen zu wenig auf bestehende Daten zurück und nutzen das im Unternehmen vorhandene Wissen nur unzureichend. Dadurch werden Zielgruppen ineffizient angesprochen und die Kundenbindung leidet. PwC setzt auf Künstliche Intelligenz, um Kunden persönlich, individuell und gezielt anzusprechen. Dafür werden bestehende Daten im Vorfeld analysiert, um Kunden sowohl im persönlichen Gespräch als auch im digitalen Kontakt schneller und besser zu servicieren. Beispielsweise fließen Daten aus Salesforce in die Künstliche Intelligenz ein, woraus Vorschläge für E-Mails entwickelt werden. Berater des Big-Four-Unternehmens haben durch die Technologie im Hintergrund mehr Zeit, sich um Klienten zu kümmern und zeitgleich in die Beratungsqualität zu investieren.

ACP Holding entwickelt Produktivitätslösungen mit Künstlicher Intelligenz, um Prozesse zu optimieren und Ressourcen besser zu nutzen. Marcus Kautsch führt aus, dass bis zu 2,24 Milliarden Arbeitsstunden in Österreich durch Künstliche Intelligenz eingespart werden könnten. Nur 15 Prozent der heimischen Unternehmen sind aktuell jedoch bereit, in die Technologie zu investieren. Durch die Einführung von Microsoft Copilot lassen sich auch in einem mittelständischen Unternehmen mehrere tausend Arbeitsstunden pro Jahr einsparen und die Produktivität um 2,5 Prozent steigern. Noch heuer wird Microsoft ein eigenes Rechenzentrum in Österreich eröffnen, womit der Datenschutz auf ein noch höheres Level gehoben wird.

Über den Technology Impact Summit

Der Technology Impact Summit ist eine gemeinsame Initiative von Universität Graz, Technische Universität Graz, JOANNEUM RESEARCH und FH JOANNEUM. Er präsentiert aktuelle technologische und wissenschaftliche Entwicklungen und schlägt eine Brücke zwischen unterschiedlichen Fachbereichen sowie heimischen und internationalen Experten. Der Fokus der neuen multiperspektivischen Plattform für Wissenschaft, Wirtschaft, Start-ups und Politik liegt auf den Auswirkungen technologischer Entwicklungen auf Wirtschaft und Gesellschaft in naher Zukunft. Hohe Prägnanz wird durch Diskussion in Form von Oxford Style Debates oder Präsentationen in Form von „Lightning Talks“ gewährleistet. Der Technology Impact Summit 2024 wird unterstützt von AVL List, ACP, Grant Thornton, Grazer Wechselseitige, LexisNexis, Microsoft, PwC, Schiefer Rechtsanwälte, Steiermärkische Sparkasse, AWS, Bankenverband, BMAW, BMBWF, CANCOM, Energie Steiermark, Holding Graz, Industriellenvereinigung Steiermark, Land Steiermark, Österreichische Post/Business Solution, Raiffeisen-Landesbank Steiermark, SAP, VSG, WKO Steiermark, 4Events und Vrisch. Weitere Informationen auf ti-summit.com

+++ BILDMATERIAL +++
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